Vom Einzeller zur Fabrik

Einzeller

Vom Einzeller zur Fabrik
Als Blaupause für künftige Offshore-Großprojekte könnte die Algenzuchtanlage von Leonard Francke, Sarah Löhn und Nils Wieczorek dienen. Im I3-Junior Lab forschen die drei TU-Wissenschaftler vom Institut für Abfallressourcenwirtschaft an Algen als Futtermittel und Farbstoffquelle. Am Rand des Ziegelwiesenkanals im Harburger Binnenhafen soll demnächst ein Ponton schwimmen, in dem Algen gezüchtet werden. Eine sieben mal sieben Meter große Konstruktion, durch dessen Mitte sich fünf Zentimeter dicke Plexiglasröhrchen winden – der Mikroalgenreaktor. Die Algen hat Francke in einer Probe direkt vor Ort aus dem Kanal gewonnen und geprüft, ob sie sich eignen. Sie schwimmen in den Röhren im Wasser, das durch eine Pumpe in Bewegung gehalten wird und werden mit Kohlendioxid „gefüttert“ sowie Nährstoffen, wie Magnesium, Phosphor oder Calcium, damit sie besonders gut gedeihen.
Die Einsatzmöglichkeiten der Algen sind vielfältig.

Am Ende des Sommers, das ist ihre Hauptwachstumszeit, werden sie abgeerntet und als Futtermittel verarbeitet. „Fische in Aquakultur können anstatt mit Futtermehl mit den Algen ernährt werden. Das ist nachhaltig und gesund für sie“, sagt Ingenieur Francke. Eine andere Möglichkeit ist, Farbpigmente aus Algen zu gewinnen. Je nach Art können das unterschiedliche Farben sein, die dann gezielt in der Lebensmittel- und chemischen Industrie eingesetzt werden. So lässt sich aus Algen ein roter Farbstoff extrahieren, mit dem Hühner und Lachse gefüttert werden, damit Eidotter und Fischfleisch schön orange aussehen. Gesund sind die Zusatzstoffe obendrein.

Es gibt auch Algen, aus denen man blauen Farbstoff gewinnen kann. Wie die Blaugalge Spirulina. Der blaue Farbstoff besteht aus Phycobiliproteinen. Ihn hat die Firma Haribo schon eingesetzt, um ihre Gummibärchen blau einfärben zu können. Ebenso dient Spirulina als Farbstoff für blaue Smarties. So können Lebensmittel ganz natürlich ohne Einsatz chemischer Stoffe gefärbt werden. Für Vegetarier sind die Algen als Nahrungsergänzung nicht nur optisch interessant, sondern auch gesund. Sie enthalten Omega-3-Säuren, die man sonst über Fisch aufnehmen müsste, ebenso wie das in Fleisch enthaltene Vitamin B12. Interdisziplinär wird das Projekt dann, wenn die Farbstoffe aus den Algen extrahiert werden. Dafür arbeiten die Wissenschaftler mit anderen Instituten der TUHH zusammen. Am Ende des Prozesses bleiben von den Algen etwa fünf Prozent als Farbstoff übrig.
Größtes Problem der Algenzucht: Sie benötigt viel Platz. Deshalb träumen die Wissenschaftler, damit aufs Meer zu gehen und dort Algen zu züchten.

„Im Prinzip eignen sich alle ungenutzten Küstenstreifen oder die Flächen zwischen Offshore-Windparks auf See für die Algenzucht“, sagt Sarah Löhn.
Das Projekt wird für ein Jahr mit 50.000 Euro gefördert. Allein die Anlage kostet aufgrund der Spezialanfertigung der meisten Teile etwa 30.000 Euro. „Das tolle an den I3-Labs ist, dass hier allein die Idee gefördert wird. Das ist bei herkömmlichen Mittelgebern schwer zu erreichen“, freut sich Nils Wieczorek.

Leonard Francke, Sarah Löhn und Dr. Nils Wieczorek arbeiten am Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft und erforschen im Feld Bioressourcen die Algenbiotechnologie

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