„Können Sie den Tod vorhersagen?“

Herz Tod voraussagen

Radar kennen viele vor allem von Schiffen, Flughäfen oder vom Blitzer am Straßenrand. Diese seit Jahrzehnten bekannten Systeme sind alle ziemlich groß und haben nur einen beschränkten Anwendungsbereich. Mit den Möglichkeiten der modernen Mikroelektronik können heute alte Konzepte wie Radar auf spezielle neue Fragestellungen mit optimierten Eigenschaften hin untersucht werden.


„Wir forschen seit mehr als zehn Jahren auf dem Gebiet der sogenannten Mikrowelleninterferometrie, einer speziellen Radar-Variante, die Abstandsänderungen zwischen Sensor und Ziel von Bruchteilen der Dicke eines menschlichen Haares messen kann. Wir verwenden hierfür elektromagnetische Wellen, die nichtleitende Materialien nahezu ungehindert durchdringen können und an leitenden oder wasserhaltigen Körpern reflektiert werden. Wir nutzen dieses Prinzip für eine neue Art des medizinischen Herzkreislauf- und Atmungs-Monitorings. Unser Radar ist zum Beispiel unter ein Bett montiert und erfasst durch die Matratze hindurch kleinste Vibrationen auf der Körperoberfläche einer im Bett liegenden Person. Durch Algorithmen aus dem Bereich des maschinellen Lernens extrahieren wir aus den Vibrationen die Signale von Herzschlag und Atmung.

Radar erfasst die Atem- und Herzfrequenzen

Die Datenqualität ist so hoch, dass wir ohne den Menschen zu berühren, die Herzfrequenz genauso präzise wie ein klassisches EKG bestimmen können. In einer großen Patientenstudie, zusammen mit der Palliativmedizinischen Abteilung des Universitätsklinikums Erlangen, hat sich gezeigt, dass wir extrem zuverlässig ein kontinuierliches Monitoring realisieren und neben der Atem- und Herzfrequenz sogar die akustischen Herztöne erfassen können. Wir haben auch festgestellt, dass wir schon etwa vier Tage vor dem Versterben der schwerkranken Patientinnen und Patienten eine Veränderung der Herzkreislaufsignale messen können. Unsere Algorithmen sollen den Ärztinnen und Ärzten der Palliativmedizin helfen, den Sterbeprozess optimal zu begleiten. Für dieses spezielle Setting werden wir mithilfe der Hochfrequenztechnik den Tod vorhersagen können. In den meisten anderen Szenarien ist dies natürlich nicht möglich.“


Prof. Alexander Kölpin leitet das Institut für Hochfrequenztechnik an der Technischen Universität Hamburg. Sein Forschungsgebiet umfasst die Radar-Technik und Hochfrequenz-Sensorik

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