Die perfekte Mikrobe

Jährlich stoßen Kraftwerke etwa 35 Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre. Ein klimaschädliches Gas, das eigentlich keiner haben möchte. Für Professor Johannes Gescher bildet es jedoch die Grundlage seiner Forschung mit hitzeresistenten Mikroorganismen.


Der Versuchsaufbau im Labor

„Das Praktische an diesen winzigen Lebewesen ist, dass sie sich von Kohlendioxid (CO2) ernähren und mithilfe von Strom am Ende einen Stoff ausscheiden, der die Grundsubstanz für Bioplastik bildet“, erklärt Johannes Gescher seine Arbeit. Die Idee des TU-Professors war es, Mikroben zu suchen, die sich in der heißen Abluft von Müllverbrennungsanlagen wohlfühlen und dort dem entweichenden CO2 zu Leibe rücken. Zwar wird das entweichende Gas zusätzlich gereinigt, aber dann müssen die Mikroben damit klarkommen, was die Industrie in den Himmel pustet. Ziel des Forschungsprojekts ist es, diesen biokatalytischen Prozess direkt vor Ort einzusetzen. Dafür hat Gescher auch schon Energy from Waste (EEW) als Partner gewonnen, ein Unternehmen, das mit der Beseitigung von Abfällen Energie erzeugt.

In den Fließzellen wachsen die Mikroben heran
Im Reaktor kommen Gas und Wasser zusammen

Doktorandin Leonie Rominger betreut das Projekt im Labor der Technischen Mikrobiologie. Um ideale Bedingungen zu schaffen, erhitzt sie Wasser in einem Ein-Liter-Kessel auf 60 Grad. „Das entspricht der Wohlfühltemperatur der Bakterien und simuliert ihre natürliche Wärmequelle, in der sie in der Natur zu Hause sind“, erklärt sie. Anschließend wird im Versuchsaufbau das Rauchgas unter hohem Druck ins Wasser und durch ein Leitungssystem gedrückt. An dessen Ende landet das Gas-Wasser-Gemisch in einem kleinen Reaktor, in dem mithilfe von Elektrolyse Elektronen abgegeben werden. In Fließkammern vermehren sich die Bakterien. Leonie Rominger zeigt auf das Endergebnis: ein weißes Pulver, Biomasse, aus der Bioplastik gewonnen werden kann. Das Ziel ist es, einen 100-Liter-Reaktor zu entwickeln, der am EEW-Kraftwerk vor Ort in Stapelfeld bei Hamburg eingesetzt werden kann. Dort sollen die Mikroben im Reaktor das heiße Rauchgas aus der Müllverbrennung direkt nutzen und durch die Verbrennung entstandenes Kohlendioxid – klimafreundlich – direkt wieder abbauen.

Leonie Rominger untersucht die gezüchteten Mikroben

Fotos: Isadora Tast


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